Warum die Darstellung einer perfekten Welt zynisch sein kann und was der persönliche »schwarze Freitag« gebracht hat, dass verrät Sabine von Bassewitz aus Lübeck im Interview mit den #FacesOfPhotography:
Was ist Dein fotografischer Schwerpunkt?
Ich fotografiere in erster Linie Menschen – sowohl bei Auftragsarbeiten als auch bei freien Projekten. Klar mache ich auch Bilder, auf denen kein Mensch zu sehen oder im Fokus ist, die sind dann jedoch meistens Teile von Serien, die den Menschen thematisieren. Oft geht es dabei nicht um DEN Menschen, sondern um DIE Menschen, ich habe sehr viel Freude an Bildern, die uns als soziale Wesen zeigen, in Interaktion mit anderen.
Wann und wie hat Dich die Krise beruflich getroffen?
Ich hatte einen „schwarzen Freitag“, das war der 20. März. Da wurde mir im Laufe des Vormittags alles gecancelt oder auf „irgendwann“ verschoben. In den zwei Wochen darauf habe ich mich statt mit der Fotografie ausschließlich mit rein ökonomischen Belangen und den Hilfsanträgen für die staatlichen Soforthilfemaßnahmen beschäftigt. Da zudem die Betreuung für meine Kinder weggebrochen ist, bin ich aus meinem bisherigen Alltag komplett hinauskatapultiert worden und habe eine Weile gebraucht, um zwischen Homeschooling für meinen Zehnjährigen und der Aufsichtspflicht meinem risikofreudigen und nimmermüden Fünfjährigen gegenüber – und den entsprechenden Fluchten zum Homeschooling an den Strand im April mit seinem Kaiserwetter – so etwas wie einen Arbeitsflow zu finden.
Wird sich Deine Fotografie mit der Krise verändern?
Ich denke, ich werde mich verändern müssen, zumindest mittelfristig. Ein Teil meiner Auftragsarbeiten sind Events, das wird auf unbestimmte Zeit nicht mehr wie bisher stattfinden, hier hoffe ich auf eine langfristige Erholung. Ein weiterer Teil sind Corporate Porträts. Auf epidemiologischer Sicht ist das sicherlich bald wieder machbar, es wird ja auch schon wieder praktiziert, ich habe jedoch jetzt im April und Mai noch keine entsprechenden Anfragen bekommen. Ich glaube auch nicht, dass dahingehend in diesem Jahr noch viel passieren wird, die Kundschaft sieht auch unsicheren Zeiten entgegen und hält ihr Geld zusammen.
Ich nutze die Zeit, um mir endlich mal ein Studio auszubauen und einzurichten. Bisher habe ich mich immer bei Bedarf in Studios eingemietet, ich freue mich nun sehr, dass mein eigenes Studio langsam Form annimmt und hoffentlich bald einsatzbereit ist.
Was denkst Du, was die Krise allgemein für die Fotografie – wirtschaftlich und visuell – bedeuten wird?
Also, wirtschaftlich ist es ein ziemlicher Schlag ins Kontor, nicht nur bei mir, auch bei den Kollegen. Ich hoffe, dass sich das für uns alle bald erholt und dass wir auch ein paar Nachholeffekte haben – irgendwann sind die vorhandenen Corporate Porträts nicht mehr aktuell und müssen ersetzt werden. Visuell denke ich, dass sich unser Hang zum perfekt getunten Bild überlebt haben wird. Nicht aus Gründen eines Zurückschraubens der Qualität, sondern weil die Darstellung einer perfekten Welt schneller ungewollt zynisch wirken kann. Ich glaube, wir werden geerdeter und kantiger, einfach weil man nicht mehr wegdiskutiert, dass die Welt kantig ist. Bei freien Arbeiten beobachte ich das schon länger, ich glaube, dass das bei Aufträgen auch Einzug halten wird.
Was ist Dein persönlicher fotografischer Wunsch für die „neue Normalität“?
Oha, das ist schwer zu sagen. Ich hoffe, dass unsere Arbeit weiterhin wertgeschätzt wird, sowohl in künstlerischer als auch in ökonomischer Hinsicht. Zudem hoffe ich für mich persönlich, dass ich jetzt, wo ich mich einigermaßen an den Krisenmodus gewöhnt habe, Neues ausprobieren kann und vielleicht neue fotografische Wege beschreiten kann. Ein Stillifer wird aus mir nicht, aber im Bereich von Porträts gibt es vieles, was ich noch nicht entdeckt habe und wofür mir auch ein Protagonist reicht. Mir schwebt schon lange eine Porträtreihe mit einem befreundeten Künstler vor, ich mache die Porträtfotografie und er verfremdet dann das Bild dementsprechend, wie er unseren Protagonisten erlebt. Vielleicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um so etwas zu starten.
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